Diedenberger Heimatgeschichtsverein

Ortsfamilien in Diedenbergen, aus der Frankfurter Rundschau

Frankfurter Rundschau vom 06.01.2015
von Tom Weimar

Müllers und Klebers

Wolfgang Gabriel forscht über Ahnen in Diedenbergen. Der 50-Jährige hat das Diedenbergener Ortsfamilienbuch verfasst.
Ende vergangenen Jahres hat er es erstmals vorgestellt – verbunden mit einem knapp zweistündigen Vortrag in der gut gefüllten Dorfkirche von Diedenbergen.

Norbert Adam will etwas über seine Vorfahren herausfinden, als er die lichtdurchflutete Evangelische Kirche in Diedenbergen betritt. Vorne, neben dem Altar, liegt ein Band, 650 Seiten dick: das „Ortsfamilienbuch“. Der 59-Jährige beginnt zu blättern, sich darin zu vertiefen. Er will wissen, von wem sein Urgroßvater väterlicherseits abstammt. Der sei irgendwann in den Sechzigern des 19. Jahrhunderts geboren worden, vermutlich in Diedenbergen. So stehe es in einer alten Familienbibel, erklärt Adam. Doch jetzt wird es schwierig. Der Name des Urgroßvaters kommt zur selben Zeit mehrmals vor. „Das ist gar nicht so einfach.“

Das Problem kennt Wolfgang Gabriel nur zu gut. Der 50-Jährige hat das Diedenbergener Ortsfamilienbuch verfasst. Ende vergangenen Jahres hat er es erstmals vorgestellt – verbunden mit einem knapp zweistündigen Vortrag in der gut gefüllten Dorfkirche von Diedenbergen. Der Ort passte zum Thema: ein Kirchenbuch, dessen erster Taufeintrag 1640 notiert wurde, hatte dem Autor als Hauptquelle gedient. Leider war die provisorisch vom Heimatgeschichtsverein aufgebaute Leinwand etwas zu klein; kompliziert verzweigte Stammbäume ließen sich darauf schwer erkennen.

Die Historie einzelner Familiennamen – besonders verwurzelt in Diedenbergen sind „Kleber“ und „Müller“ – können Interessierte allerdings ohnehin im Buch nachlesen. Im Vortrag ging es eher darum, wie historische Umstände die Entwicklung des Dorfes beeinflusst haben. Zum Beispiel der Dreißigjährige Krieg: 1630 lebten 39 Männer in Diedenbergen, sieben Jahre später waren es nur noch neun Männer und zwei Witwen, so der Autor. In dieser Zeit habe man im Main-Taunus-Kreis nicht mehr gewusst, wer Freund oder Feind sei.

Durch Familienforschung etwas über vergangene Zeiten zu lernen, das findet Gabriel spannend. Das Diedenbergener Ortsfamilienbuch hat der Spezialist für Datenbanken ehrenamtlich geschrieben. Dabei wohnt der 50-Jährige nicht einmal selbst im Ort, sondern in der Nähe von Stuttgart. Seine Urgroßmutter war es, die aus dem Hofheimer Ortsteil stammt. Er recherchierte also jahrelang die Geschichte eines Dorfes, in dem er selbst nie gelebt hat.

Über das Internet ist Gabriel an Kontakte in Holland und in den USA gekommen. Die haben ebenfalls Vorfahren im „Ländchen“. Sie schickten ihm digitalisierte Versionen eines Diedenbergener Kirchenbuches zu, gebrannt auf DVDs. „Es ist schon toll, dass das durch internationale Zusammenarbeit geklappt hat“, sagt der Hobby-Ahnenforscher mit strahlenden Augen. Anstatt nur etwas über die eigenen Vorfahren herauszufinden, beschloss er gleich ein umfassendes Ortsfamilienbuch zu schreiben.

Recherchen gehen weiter

Von Gabriels Lust daran, nach Feierabend handschriftliche Taufeinträge zu studieren, profitieren nun diejenigen, die etwas über die Geschichte Diedenbergens lernen wollen. So konnte man in dem Vortrag erfahren, dass es Auswanderer aus dem Dorf vor allem in die USA gezogen hat. Zum Beispiel einen 1841 getauften „Weber“, auf dessen Grabstein in den Vereinigten Staaten bereits „A proud American“ eingemeißelt ist. Auf einer USA-Reise hatte Gabriel solche Gräber aufgesucht und abfotografiert.

Aus einer im Dorf alteingesessenen Familie kommt Markus Dillenberger. Der 29-jährige Biologe sagt, er würde gerne noch erfahren, woher die in Diedenbergen so verwurzelten „Klebers“ ursprünglich stammen. Ein Rätsel, das Gabriel in den Nachforschungen für das Ortsfamilienbuch nicht lösen konnte. Noch nicht. Denn nach seinem Vortrag kam die 78-jährige Henni Müller zu ihm. Sie berichtete, ihr Neffe besäße einen großen Stammbaum über die „Müllers“ und die „Klebers“. Darin sei ein Bezug der „Klebers“ zu Konstanz verzeichnet. Gabriel antwortete, er habe schon von einer Konstanzer Ratsherrenfamilie namens Kleber gehört. Ein Bezug zu Diedenbergen wäre ihm neu. Er will sich die Quelle ansehen. Seine Recherchen gehen also weiter.

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